Sicherer Alltag mit umweltunsicheren und ängstlichen Hunden
Vorab: Bitte denken Sie dran, dass wir meist wenig über die Vorgeschichte unserer ausländischen Hunde kennen. Wir wissen nicht, wie sie in bestimmten Situationen, auf Umweltgeräuschen, im Straßenverkehr etc. reagieren. Das kleinste Geräusch reicht, sie erschrecken und weg sind sie. Deswegen gilt: Am Anfang lieber einmal zu viel sichern als einmal zu wenig!!!
Im Folgenden eine Anleitung, wie man einen neuen Hund in der Anfangszeit richtig sichert. Wie lange und was notwendig ist sollten Sie nach einer gewissen Zeit selbst einschätzen können.
Bei der Ankunft am Transport
Das Aussteigen aus dem Transport ist für die Hunde meist sehr stressig. Sie haben eine lange laute Fahrt hinter sich, werden von wildfremden Menschen in Empfang genommen. Ihre Bezugspersonen aus Spanien sind weg und sie sind erstmal führungslos. Einige der Hunde wollen bereits aus dieser Situation flüchten, weil sie einfach nicht wissen was passiert. Deswegen sollte hier - wenn möglich - ohne Hektik und mit Genauigkeit verladen werden. Meistens haben die Hunde kein oder ein viel zu großes Halsband an. Am besten statten Sie sich mit einer Retrieverleine für die Abholung am Transport aus. Diese legt man um den Kopf des Hundes und sie zieht sich automatisch auf Zug zusammen. Für die erste Verladesituation ist das die schnellste und sicherste Möglichkeit. Halsbänder oder Geschirre anzupassen ist in diesem Moment einfach ungeeignet und sollte später zuhause in einem geschlossenen Raum gemacht werden.
Im Auto
Leider schon passiert - Hunde die ungesichert im Auto sind entwischen beim Öffnen durch die Tür und quetschen sich durch einen winzigen Spalt der Heckklappe. Die sicherste Möglichkeit den Hund im Auto zu transportieren ist eine Box. Sie sollte stets richtig verschlossen sein.
Das Anbinden des Hundes im Kofferraum ist gerade am Anfang nicht vorteilhaft, da wir nicht wissen, ob der Hund an der Leine knabbert. Leinen sind sehr schnell durchgebissen und der Hund nicht mehr angebunden.
Transportieren Sie den Hund in einer Box, kann es hilfreich sein, die Leine dran und aus der Box raushängen zu lassen, damit Sie VOR dem Öffnen die Leine greifen können. Wenn Sie unsicher sind bei der Ankunft Zuhause und dem Rausholen aus der Box, tragen Sie am besten die Box ins Haus und holen den Hund in geschlossenen Räumen raus. Die Box sollte beim Tragen gut verschlossen sein!
Zuhause
Die ersten Tage im neuen Zuhause müssen Türen und Fenster (ja es gibt Hunde die springen in Panik auch aus dem 3. Stock!) verschlossen sein.
Eine Hausleine, die am Halsband oder Geschirr befestigt ist, hilft in der ersten Zeit. Mit Hausleine ist eine leichte 1-2m Leine ohne Handschlaufe gemeint. Ein Stück Wäscheleine oder eine reißfeste Schnur tut es auch. Die Hausleine hat zwei Vorteile. Zum Ersten werden Hunde, die sich nicht gerne anfassen lassen, anfänglich nicht berührt. Für verängstigte Hunde ist es einfacher, den Hund
kommentarlos zu führen, ohne ihn zu bedrängen. Zum Zweiten habt ihr eine bessere Möglichkeit den Hund „einzufangen“, wenn er sich verkrochen hat oder vor euch abhauen möchte.
Verängstigte Hunde wissen nicht, dass sie nun hier wohnen und versuchen zu flüchten, sobald sich eine Möglichkeit ergibt. Eine Tür nach draußen sollte erst geöffnet werden, wenn der Hund mit Leine gesichert ist und sich die Leine in einer Menschenhand befindet.
Im Garten
Unser Vorstellungsvermögen reicht an dieser Stelle nicht aus, welche Wege ein Hund finden kann, wenn er tatsächlich aus dem Garten abhauen möchte. Über hohe Zäune klettern, den Weg über den Holzstapel, unterm Gartenzaun durchs Fuchsloch,
durch die Hecke durch…. Vieles ist möglich!
In der ersten Zeit sollte der Hund erstens nicht ohne Aufsicht und zweitens nicht ohne Leine in den Garten. Wenn der Garten sicher und gut eingezäunt ist, eignet sich hier am besten eine längere Schleppleine. Damit kann sich der Hund etwas freier bewegen, was oft dazu führt, dass das Geschäft erledigen einfacher fällt. Findet er trotzdem einen Weg aus dem Garten hilft die Schleppleine beim
Zurückhalten.
Beim Spazieren
Beim Spazieren sollte der ängstliche Hund doppelt und lieber dreifach gesichert sein. Halsband und Sicherheitsgeschirr sind hier zu empfehlen. Doppelt einfach deswegen, falls sich ein Karabiner löst oder sich der Hund unerwartet aus einem der beiden Dinge befreien kann.
Eine Leine wird am eng sitzenden Halsband, die andere am Sicherheitsgeschirr befestigt. Hilfreich kann hier für die erste Zeit ein Bauchgurt (z.B. Jogginggurt) sein, an dem die Leinen befestigt werden.
Ein wirklicher Angsthund sollte NUR und IMMER so gesichert sein. Die Beste und doppelte Sicherung am Hund ist nur sicher, wenn sie auch am Mensch sicher befestigt ist. Wenn der Hund unerwartet ruckartig zieht, weil er in Panik gerät und die Leine aus der Hand fällt, ist der Hund trotz Sicherheitsgeschirr ganz sicher weg.
Desweiteren empfehlen wir bei umweltunsicheren und gar ängstlichen Hunden das Befestigen eines GPS-Trackers während des Spaziergangs. Dieser wird über Nacht geladen und tagsüber am Halsband oder Geschirr des Hundes befestigt. Sollte es zu einem Entlaufen kommen - was wir nicht hoffen - kann der Hund so geortet werden.
Hier sind beide Hunde mittels Leine am Körper ihrer Bezugsperson befestigt (schwarze Umhängeleinen), die Führleine wird in der Hand gehalten. Zusätzlich tragen die Hunde einen GPS-Tracker (Tractive).
Halsbänder
Halsbänder müssen so eng gestellt sein oder - bei Zug-Stopp-Halsbändern - sich so eng zuziehen, dass der Hund sich auch rückwärts auf keinen Fall aus dem Halsband ziehen kann. Das testen Sie am besten vorher einmal im sicheren Zuhause.
Sicherheitsgeschirre
Für jeden unserer Hunde gibt es die Möglichkeit ein passendes Geschirr zu bestellen. Aber auch ein Sicherheitsgeschirr muss richtig und eng (!) sitzen, sonst bringt es reichlich wenig. Es schließt den kompletten Brustkorb des Hundes sicher ein. Dabei muss der letzte Riemen eng hinter dem letzten Rippenbogen sitzen, damit sich der Hund nicht rausziehen kann.
Leinen
Die Leinen bzw. Karabiner sollten der Größe und Gewicht des Hundes entsprechen. Billige, kleine und leichte Karabiner können sich schnell öffnen oder bei ruckartigen Bewegungen des Hundes reißen. Am Sichersten sind natürlich Leinen mit einem richtigen Karabiner zum Zudrehen.
Bitte benutzt am Anfang keine Flexileine. Ein zu Boden fallender Kasten einer Flexileine hat schon so manchen Hund erschreckt! Und weil der hinterherziehende Kasten den Hund auf der Flucht verfolgt, versetzt er ihn zusätzlich in Panik. In der ersten Zeit ist bei einem wirklichen Angsthund dringend von einer Schleppleine abzuraten. Das nahe und ruhige Laufen eng an seinem Mensch, gibt einem Hund, der Angst vor der Umwelt hat, die meiste Sicherheit.
Wenn der Hund dann trotzdem in Panik gerät, von Ihnen wegzieht oder gar um sich beißen will, ist das oberste Gebot für den führenden Mensch, Ruhe zu bewahren und sich nicht von der Panik des Hundes anstecken zu lassen. Ruhige Spaziergänge, keine Hundefreiläufe (!) oder andere tobende rumflitzende Hunde und wenig Trubel auf den ersten Spaziergängen solltet ihr
gewährleisten können.
Verhalten im Notfall
Sollte trotz aller Vorkehrungen der Hund entlaufen, Ruhe bewahren und umgehend jemanden vom Verein informieren, ebenso TASSO, das nächste Tierheim, die Polizei und ggf. den Förster, damit erste Schritte eingeleitet werden können.
Ebenso hilft Tanja Axmann von Voices for Dogs e.V. in akuten Notfällen:
https://voices-for-dogs.eu/hund-entlaufen-was-tun-tanja-axmann-informiert/